»Im Alter von neun bis vierzehn lernt D. Comics kennen und lieben. Diese Comics sind keine Kunstwerke, jedenfalls nennt sie niemand so, sondern Hervorbringungen der Kulturindustrie, verlegt von einer Firma namens Marvel.« Im Nachwort zu seinem Debüt als Comicszenarist und -Texter singt Dietmar Dath ein Loblied auf die Arbeitsteilung in der Comicindustrie – eine produktive Arbeitsteilung, die auch die Grundlage von »Mensch wie Gras wie« darstellt, der in Zusammenarbeit mit dem Zeichner Oliver Scheibler entstanden ist.
Traumbilder durchziehen »Mensch wie Gras wie«, Erinnerungsfragmente an die Kindheit und Jugend der Protagonistin Elin Elwert, Phantasien und Alpträume. Elin ist Biologin, arbeitet für den Pharmakonzern des Unternehmers Farczády an gentechnisch veränderten Pflanzensamen. Farczády ist im Werk Daths kein Unbekannter, hier jedoch gewinnt er weitere dämonische Züge: »Er ist das, was seit dem Ende der weltweiten und der europäischen Nachkriegsordnungen im Gefolge des Zweiten Weltkriegs ungefähr 1990 aus dem autoritären Charakter wurde, den die Kritische Theorie porträtiert hat«, schreibt Dath im Nachwort.
Farczády verwandelt sich angesichts seiner wachsenden Macht in einen Wolf, dem Elin letztendlich gegenübersteht. Eine Nebenhandlung erzählt von der Beziehung Elins zu Martin/Martina, von Homosexualität und unerwiderter Liebe in ihrer Jugend, die plötzlich die Gegenwart bestimmt: Martin/Martina taucht wieder auf und will Elin davon überzeugen, sich zurückzuverwandeln in die junge Elin, die nicht für Geld ihre Ideale verkauft hat. Auch diese Nebenhandlung endet wie alle Stränge des Comics, tragisch, im Wahnsinn …
»Mensch wie Gras wie« ist ein sperriges Werk, es verlangt Konzentration und bleibt bis zuletzt konsequent in dem, was es in Fragmenten erzählt: eine Geschichte von Geld, Macht, Konsequenz, Scheitern, Liebe und Tod.
Dieser Text ist ursprünglich in der Ausstellungsreihe „Gerahmte Diskurse“ der Linken Buchtage Berlin erschienen.